Weitere Informationen zu den Magic Moments, 2025 - Heute
Robbie Williams: 12. Juli 2025
"König der Unterhaltung": Robbie Williams gastierte in Wien
WIEN. Robbie Williams ist endgültig auf der Metaebene angekommen: Neun Jahre nach seinem letzten Studioalbum und ein halbes Jahr nach seinem Biopic "Better Man" hat der Britpop-Star im Rahmen seiner aktuellen Tournee rund 50.000 Menschen im Wiener Happel-Stadion begeistert.
Ein humorvoll vorgetragenes Best-of der Songs aus den vergangenen 28 Jahren machte Lust auf das im Herbst erscheinende Album "Britpop". Dabei ließ der 51-Jährige wissen: "Ich bin der König der Unterhaltung!"
Robbie Williams ist ein Phänomen. Nachdem er nach seinem Ausstieg bei der britischen Boyband Take That Ende der 1990er und Anfang der 2000er für Begeisterungsstürme gesorgt hatte, zog er sich in den vergangenen zehn Jahren mehr und mehr zurück. Das letzte Studioalbum mit neuen Songs erschien 2016 unter dem Titel "The Heavy Entertainment Show", 2022 gab es mit "XXV" ein orchestral eingespieltes, von einer Tournee begleitetes Best-of der größten Hits zum 25-Jahr-Jubiläum.
Bereits vor Monaten war das Konzert ausverkauft. Mit dem kraftvollen Opener "Rocket" - einem Single-Vorboten für das kommende Album - brachte der 51-Jährige die Menge unter harten Gitarrenriffs zum Kochen und legte sogleich mit dem 1997 erschienenen Evergreen "Let Me Entertain You" von seinem Debüt-Album "Life Thru a Lens" nach.
"Mein Name ist Robbie Williams, das ist meine Band und das ist mein Arsch", begrüßte der Sänger seine Wiener Fans. "Michael Jackson hat einst beschlossen, der King of Pop zu sein. Also bin ich der King of Entertainment", so Williams am Anfang seiner zweistündigen Show, in der er auch immer wieder seine Fans in den ersten Reihen mit einbezog.
Nach einem Medley "zum Aufwärmen der Stimmbänder", das auch den Bon Jovi-Hit "Livin' on a Prayer" beinhaltete, schickte Williams mit der Ballade "Monsoon" ordentlich Gefühl ins Stadion und brachte seinen Lebensstil aus dem Jahr 2002 auf den Punkt: "I'm here to make money and get laid" ("Ich bin hier um Geld zu verdienen und flach gelegt zu werden").
Zum sanften "Road to Mandalay" spazierte Williams von der Hauptbühne auf eine kleinere Stage inmitten des Stadions ("Coldplay hatte eine C-Stage, das wollte ich auch"), wo er Hits wie "Supreme" oder "Relight my Fire" anstimmte - einen Song aus dem Biopic "Better Man", in dem er den gleichnamigen Take That-Hit coverte.
Mit Hits wie "Millennium" oder "Come Undone" ging es schließlich wieder auf der Hauptbühne weiter, bevor die Show mit den Mega-Balladen "Feel" und "Angels" nach zwei Stunden zum Ende kam.
(Text erschien in voller Länge auf nachrichten.at/apa, 13. Juli 2025)
Justin Timberlake: 14. Juli 2025
30.000 Fans besuchten Montagabend das Konzert des Amerikaners im Ernst-Happel-Stadion. Die Show zwang nicht nur die guten Seiten der 2000er-Jahre herbei
Alles kommt irgendwann wieder. Das wusste Justin Timberlake schon vor langer, langer Zeit: "What goes around, comes around", säuselte er bereits im Jahr 2006. Ein universelles Sprichwort, das sich auf alles beziehen kann: schlechtes Karma, Liebesbeziehungen und Modetrends. Der Amerikaner hat Glück, denn es sind vor allem die 2000er, die in den letzten Jahren wieder im Aufmarsch sind. Und zum Y2K gehört Timberlakes RnB wie der Tracksuit zum Klapphandy. Wahrscheinlich beginnt er seine Show im Ernst-Happel-Stadion deshalb auch mit Liedern aus dieser Zeit und versetzt das entzückte Publikum gleich in das Jahrzehnt seiner größten Erfolge zurück.
Damals, als der Jugendliche mit den gelben Lockerln noch als Frontmann für *NSYNC den Dackelblick perfektionierte oder mit seinem ersten Album Justified eine versexte Solokarriere versprach. Auch heute ist er ein kultiger Typ: einer, der Sonnenbrille auf der Bühne trägt, ein Bandana in die schlabbrige Hose gesteckt, mit dem er sich hin und wieder den Schweiß von der Stirn wischt. Unter der Jacke ein Sweatshirt, von dem David Bowies Gesicht in die Menge lächelt. Von dem werden wir an diesem Abend nichts hören, obwohl das Programm stark in der Vergangenheit schwelgt. Stattdessen gibt es Cry Me A River, den bösartigen Trennungssong, den die Menge in- und auswendig kann. Dazu regnet es hinter Timberlake einen digitalen Wolkenbruch, der optisch auch aus den frühen Phasen unseres Jahrtausends stammen könnten.
Andere Überbleibsel aus dem goldenen Zeitalter der Boygroups sind Timberlakes Tanzmoves, die er gerne zwischen dem Gesang zur Schau stellt: Mit schweren Füßen schleicht er über die Bühne, positioniert sich mit einem getakteten Hüpfer zwischen seinen Musikern und beweist, wie gut er das rhythmische Schulterzucken beherrscht. Dazu einstudiertes Gefuchtel und kühne Drehungen. Bis auf seine extravaganten Breakdance-Ambitionen könnte der 44-Jährige einem aber fast schüchtern vorkommen. Die für ihn kreischende Menge hält er erst mal auf Distanz.
Den Fans macht es nichts aus, die Stimmung ist gut, solange Justin mit seiner riesigen Live-Big-Band The Tennessee Kids auf der Bühne alles für sie gibt. Das können sie gut: Mit einem Song nach dem anderen bringen sie die Menge zum Tanzen, bis der Sänger ganz plötzlich doch gesprächig wird. Eine Frau hält ein Schild hoch, sie habe einen Herzinfarkt überlebt, bloß um ihn hier in Fleisch und Blut zu sehen. Das findet Timberlake super. Er unterschreibt den Zettel mit Herzchen und seinem Namen.
Sexy Back spielt er ganz zum Schluss. Nein, das Rad der Popmusik hat Justin Timberlake in Wien nicht neu erfunden. Ja, aus allen Ecken konnte man trotzdem begeisterte Stimmen hören: "geiler Scheiß".
(Text erschien in voller Länge auf www.derstandard.at, Helene Slancar, 15.07.2025)
Iron Maiden: 17. Juli 2025
Iron Maiden begeistern mit Oldschool-Set im Wiener Happel-Stadion
Mit ihrer "Run For Your Lives"-Tour haben Iron Maiden am Donnerstagabend das Wiener Ernst-Happel-Stadion gefüllt. Die britische Metal-Band präsentierte eine Show, die ausschließlich Songs aus der Zeit zwischen 1980 und 1992 umfasste – und damit auf große Zustimmung beim Publikum stieß.
So groß wie jetzt waren Iron Maiden seit ihrer Gründung 1975 noch nie. Spielten sie in der Vergangenheit meist in geräumigen Hallen, füllen sie jetzt zur 50-Jahr-Feier Fußballstadien. Es habe eben nie einen riesigen Medienhype oder das eine große, superkommerzielle Album gegeben, reflektierte Sänger Bruce Dickinson unlängst in einem Interview. Vielleicht nicht das eine Album, dafür aber etliche Scheiben mit mehr als ausreichend Hit-Material, um die Fans bei der Stange zu halten. Besonders beliebt ist die Ära, bevor Dickinson in den 90ern für mehrere Jahre die Band rund um Bassist und Gründer Steve Harris verließ. Wer wären die Briten also, wenn sie nicht genau diese alten Zeiten wieder aufleben lassen würden?
Und so ging es zum Start nach lang geratenen zehn Minuten Einstimmung vom Tonband (fast) an den Karrierebeginn zurück: Nach dem flotten und lang nicht mehr live zu hörenden "Murders In The Rue Morgue" flog schon der Mikrofonständer durch die Luft und war der Jubel groß. Spätestens nach "Wrathchild" und "Killers" samt markantem Riff, das leider im etwas schwammigen Sound zu versinken drohte, war klar: Die Finger sind für die etlichen Soli aufgewärmt, die Stimmbänder Dickinsons bereit, ihn in lichte Höhen vorstoßen zu lassen.
Mit "Phantom of the Opera" vom Debütalbum aus 1980 war endgültig der Boden für eine Reise in eine Zeit, als mit Handys noch nicht weite Strecken eines Konzerts abgefilmt wurden, bereitet. Die Vertreter des New Wave of British Heavy Metal baten ihre Fans im Vorfeld, auf das Filmen zu verzichten. So ganz sprach sich das aber nicht herum.
Eine riesige Videowand ließ mit thematisch passenden Visuals in die jeweilige Songwelt eintauchen - sei es Nosferatu, der bei "The Number of the Beast" über die Leinwand huscht, eine Eddie-Pyramide beim mächtigen "Powerslave" oder ein epischer Luftkampf bei "Aces High". Beim Fanliebling "Hallowed be thy Name" wartet hinter dem in einen Käfig gesperrten Dickinson der Galgen, bevor er später auf der Leinwand zum Geist wird.
Die Truppe brachte gar den epischen 13-Minüter "Rime of the Ancient Mariner" und den komplex-verspielten Zehnminüter "Seventh Son of a Seventh Son" im Set unter. Iron Maiden wären aber nicht Iron Maiden, wenn sie nicht auch die Klassiker "Fear of the Dark", bei dem Dickinson mit Laterne vor Vollmond über die Bühne schlich, und "Run to the Hills" zum Besten geben würden. Bei beiden sangen die Fans aus voller Kehle mit. Schön!
(Text erschien in voller Länge auf www.vienna.at, Lukas Wodicka/APA, 18.07.2025)
Seiler und Speer: 19. Juli 2025
Seiler und Speer im Stadion: Kiberer und Pülcher gehen aufs Sportlerfest
Das Austropop-Duo spielte im ausverkauften Wiener Ernst-Happel-Stadion. Arbeiterhymnen, die zum Erhalt der sprachlichen Vielfalt beitragen
Es scheint ein ehernes Gesetz zu sein: Wer im Austropop ein Leiberl haben will, der muss sich seit den Tagen von Marianne Mendts Wie a Glock'n (Autor Gerhard Bronner) auf den Schmäh verstehen. Die traditionelle Vermählung von Kabarett und Musik im heimischen Singsang kann sich dann einmal brachialsatirisch äußern (EAV), anarchisch entladen (Dradiwaberl) oder spitzbübisch charmant im Heiratsschwindlermodus verkaufen (Fendrich).
Nichts davon sind Seiler und Speer. Das Duo hat aber eines erkannt: Man muss den Leuten nach dem Mund singen. Und das, was schon da ist, neu verpacken. Sportlerfest, Feuerwehrfest, Kantinenzauber, Bierbank, Bratwurst und Elefantenspritzer. Die Bekundung des Göttergatten im Lied Ham kummst, er habe gestern Nacht eine "schware Partie" gehabt, kommt nicht umsonst aus dem Trinksportvokabular.
Vor zehn Jahren fuhr der Song in die Hitparaden ein wie der Bauer ins Wirtshaus – und ging dort auch nicht mehr weg, weil das Duo immer wieder gute Hadern nachlegte. Das Jubiläum nahmen Seiler und Speer 2025 zum Anlass, um durch Deutschland und Österreich zu touren. In Wien gelang ihnen am Samstag, was nicht viele heimische Musiker schaffen: ein ausverkauftes Ernst-Happel-Stadion. Eine schware Partie war zu vermuten, und die Frage, ob die das denn auch derheben, war berechtigt.
Mit ehrlicher Dienstleistermentalität, Respekt vor der Aufgabe und einem Orchester im Rücken, das nach dem Taktstock von Christian Kolonovits spielte, waren die Zweifel aber bald beseitigt. Letzterer versteht sein Handwerk, er hat damals auch Falco symphonisch geadelt. Bei Seiler und Speer kommt erleichternd hinzu, dass ihnen jede Allüre fremd ist. Sie wirken vielmehr wie Fans des Austropop, die zufällig auch selbst Musik machen.
Die Bescheidenheit kontrastiert mit der tätowierten Kraftlackel-Optik von Leadsänger Christopher Seiler. Zum Stadionkonzert erscheint er im schwarzen Türsteher-Westerl, später, beim Auftritt des Streichorchesters, wird er es dem festlichen Rahmen entsprechend gegen ein Kurzarmhemd tauschen. Dass Seiler mit Alkbottle-Sänger Roman Gregory und Roland Düringer zwei Doppelgänger im selben künstlerischen Fahrwasser hat, sei dazugesagt.
Angefangen hat für Seiler und Speer alles mit der Do-it-yourself-Comedyserie Horvathslos auf Youtube. Seiler gab den arbeitslosen Prolo, Bernhard Speer stand hinter der Kamera. Heute singt der die zartere Überstimme und zupft die Gitarre. Mit Und weida?, Für immer und Hödn sind den Haberern aus Wiener Neustadt seit ihrem Durchbruch weitere vier Nummer-eins-Hits ausgekommen. Mit Herr Inspektor, I wü ned, Soits leben oder Principessa ist zusätzlich genug Material vorhanden, das ein Stadion bei Laune halten kann.
(Text erschien in voller Länge auf www.derstandard.at, Stefan Weiss, 20.07.2025)
Guns N‘ Roses: 24. Juli 2025
Guns N‘ Roses: Mit bester Laune dem Regen trotzen
Rund 43.000 Fans ließen sich Donnerstagabend nicht von einem der heftigsten Regengüsse der Saison ablenken, um im Wiener Ernst-Happel-Stadion bei ihren Helden Guns N‘ Roses und Sex Pistols vorstellig zu werden. Ein Abend mit stimmlichen Unsicherheiten, der in puncto Spielfreude aber beispiellos verlaufen ist.
Beim fünften Großkonzert im Wiener Ernst-Happel-Stadion innerhalb nur weniger Tage kam dann doch noch der große Regenschauer. In der Umbaupause werden Marshall-Verstärker in gelben und rosaroten Signalfarben auf die Bühne geschoben und verkünden Sensationelles. Niemand Geringere als die UK-Punk-Urgesteine Sex Pistols sind eingeplant – allerdings nicht mit Johnny Rotten aka John Lydon als Sänger, sondern mit dem wesentlich jüngeren, aber auch stimmkräftigeren Frank Carter. Der Rotschopf mit den vielen Tätowierungen ginge optisch locker als Lydons Sohn durch und wirft sich schon nach den ersten zwei Songs ins Publikum, um, samt Mikroständer für einen letzten Rest an Distanzwahrung, dort Kultsongs aus 1977 zum Besten zu geben. „Holidays In The Sun“, „Pretty Vacant“ oder „Problems“ begeistern nicht nur die Nostalgiker. Beim Monarchie-kritischen „God Save The Queen“ wird Queen Elizabeth II. programmatisch auf die LED-Leinwand projiziert, während Paul Cook, Steve Jones und Glen Matlock das Publikum mit offenen Mündern zurücklässt.
Dass das Konzert an einem normalen Arbeitstag derart früh beginnt, liegt auch daran, dass es Guns N‘ Roses bei Konzerten für gewöhnlich nicht unter drei Stunden gibt. Ausladende Auftritte kennt man von den Rockern, seit einigen Jahren ist auch eine gehörige Portion Disziplin dazukommen. Seit ihn AC/DC 2016 als temporären Aushilfssänger für den erkrankten Brian Johnson engagierten, hat einer der größten Läuterungsprozesse der Musikgeschichte Einzug gehalten. Guns N‘ Roses-Konzerte beginnen mittlerweile pünktlich und werden hochmotiviert über die Bühne gebracht. An diesem verregneten Donnerstagabend ist Rose so gut gelaunt wie selten zuvor. Immer wieder scherzt er mit den Fans oder seinen Bandkollegen, bringt launige Anekdoten zum Besten und lächelt. Bei der Bandvorstellung tut er so, als würde er den Namen des neuen Drummers Isaac Carpenter nicht kennen, mit dem New York Dolls-Cover „Human Being“ leitet er im Schlussdrittel einen Überraschungssong ein und für Gitarrist Slash stimmt er, mit einem Tag Verspätung, ein herzhaftes Happy Birthday zu dessen 60er an.
Gerade bei den hohen Tönen, etwa zum Opener „Welcome To The Jungle“, sind die Micky-Maus-Vergleiche nicht von der Hand zu weisen. Bei der wundervollen Ballade „November Rain“, die auf einem halbierten Motorrad sitzend zum Besten gibt, singt er am Mikro vorbei, Tracks wie „Mr. Brownstone“ oder „Civil War“ klingen stimmlich dermaßen verwaschen, dass man sich manchmal wundert, ob Axls Mikro überhaupt noch funktioniert.
All diese Anflüge von Kritik schmunzelt und lacht er gut weg. Diese entspannte Altersmilde tut nicht nur ihm, sondern der ganzen Band gut. Slash darf immer wieder zu atemberaubenden Soli ansetzen und ist ungebrochen einer der allergrößten Könner seines Fachs, während Bassist Duff McKagan für den Punk-Spirit sorgt.
Eine kurze Ansprache über die Wichtigkeit von Black Sabbath für Guns N‘ Roses später ist klar – jetzt wird Ozzy gehuldigt. Der kürzlich verstorbene „Prince Of Darkness“ wird würdevoll auf der Leinwand eingeblendet, während die Band „Never Say Die“ und „Sabbath Bloody Sabbath“ covert.
In der fast dreieinhalbstündigen Karriere-Revue hat alles Platz, was im Gunners-Kosmos passiert ist. Neben grandiosen Hits wie „It’s So Easy“, dem famosen Wings-Cover „Live And Let Die“ oder „Sweet Child O‘ Mine“ auch mehrere Blöcke mit Songs der ambivalent aufgenommen „Chinese Democracy“ oder selteneren Tracks der „Use Your Illusion“-Phase. Der Dienst an der Musik und am Fan ist beeindruckend und die 43.000 durchnässten Rocker bedanken sich mit Ehrerbietung und spürbarer Dankbarkeit. Ein Rock’n’Roll-Abend mit viel Imperfektion, aber noch mehr Authentizität.
(Text erschien in voller Länge auf www.krone.at, Robert Fröwein, 25.07.2025)